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So sieht Eskalator aus

Hinweis

Dieser Audio-Guide enthält einige Stellen, die wir auf das Anhören vor Ort abgestimmt haben. Stellen Sie sich also gerne vor, Sie wären gerade im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz.

Der Audio-Guide zum Anhören

Der Audio-Guide in Textform

Willkommen im Spiegel-Kabinett auf der zweiten Etage. Im Rahmen des Projekts Museum für alle haben verschiedene Künstler*innen in die Dauer-Ausstellung eingegriffen. Die hier ausgestellte Arbeit trägt den Titel: Eskalator, von Eva Olivin und Florian Berger, Mixed Media, 2020. Die Widmung der Arbeit lautet:

Für die Menschen, die das Schocken 1930 bis 1932 zum Klingen gebracht haben.

Dieser Audio-Guide ist 7 Minuten lang und besteht aus drei Teilen. Teil 1 beschreibt, wie die Installation Eskalator im Raum aussieht. Teil 2 erzählt von der künstlerischen Idee der Installation. Im Teil 3 stellen sich die Künstler*innen vor.

Teil 1

Sie befinden sich in einem abgedunkelten, kleinen Raum. Die Wände sind hier komplett von spiegelndem Glas bedeckt. An vielen Stellen befinden sich dahinter Fächer, die Ausstellungsobjekte enthalten. Andere Spiegelflächen reagieren auf die Besucher*innen: Sobald jemand davor stehen bleibt, leuchten lebensgroße Projektionen von Kleidungsstücken aus der Bronze-Zeit auf. Die Wände spiegeln jede Bewegung im Raum auf überraschende Weise mehrfach wieder. Auch die Bodengestaltung ist auffällig: schwarze Linien bilden ein geometrisches Muster auf dem hellgrauen Untergrund. Es erinnert an das chinesische Legespiel Tangram. Mitten im Raum, auf einer der Linien-Kreuzungen, steht Eskalator.

Die Installation ähnelt einem Grammophon, mit Schallplatte, Tonarm und Trichter. Sie steht auf einem zierlichen Sockel-Gerüst, das den geometrisch verwinkelten Eindruck des Bodens fortsetzt. Der Sockel ist 68 Zentimeter hoch und besteht aus schwarzen, pulverbeschichteten Stahlprofilen. Diese vier-eckigen Metall-Stangen formen am Boden einen quadratischen Stand-Fuß, den schräg verlaufende Sockel-Beine mit dem quadratischen Rahmen am oberen Ende verbinden.

Die Seiten des schwarzen Rahmens sind 32 Zentimeter lang. Darauf befindet sich ein flacher Karton aus weißer Pappe, in den ein minimalistischer Plattenspieler eingebaut ist. Eine sich drehende Schallplatte bedeckt fast die ganze Oberfläche. Sie ist etwas abseits von der Mitte platziert und ragt deshalb ein Stück über den Karton hinaus, während sie auf der anderen Seite Platz für den Ton-Arm und einen kleinen Hebel lässt. Aus einer Ecke des Kartons kommend, neigt sich eine trichterförmige Lampe mit einem hauchdünnen Hals aus Messingrohr über die Schallplatte. Der Lampentrichter aus weißem Karton ist etwa 20 Zentimeter lang. Er beleuchtet den Kopf des Tonarmes, der die Rillen der Schallplatte entlangfährt.

In der Mitte der Schallplatte befindet sich ein weinrotes Etikett im Stil der 1930er Jahre. Durch die Drehbewegung ist nur der Schriftzug "Audiphon" in markanten Großbuchstaben gut zu erkennen. Wenn die Platte stillsteht und der Tonarm zurückgesetzt wird, ist die kleinere Schrift lesbar: Eskalator. Potpourri zum Kaufhaus Schocken, Chemnitz. Musik von studio fatal, Salon-Orchester E. Knöfel.

Insgesamt entsteht der Eindruck eines modernisierten, schlichten Grammophons, bei dem der Trichter sich nicht als akustischer Verstärker in den Raum öffnet, sondern zurück auf die Platte zeigt und als Lichtquelle dient.

Die Platte dreht sich, der Tonarm liegt auf - aber wie Sie merken, ist der Klang zart und dünn. Dem Plattenspieler fehlen Lautsprecher, es ist auch keine Verkabelung zu entdecken. Sie hören nur den Klang, den die Platte und die Nadel selbst erzeugen. Um zu verstehen, was auf der Platte passiert, müssen Sie also nah an das Objekt herankommen.

Die Installation ist sehr empfindlich für Erschütterungen, aber es ist kein Problem, wenn Sie den unteren Teil des Sockels leicht berühren. Die ertastbare Kante vom Stand-Fuß der Installation Eskalator ist 110 Zentimeter von der taktilen Station entfernt.

Teil 2

Die archäologische Daueraustellung füllt die zentralen Räume im ehemaligen Kaufhaus Schocken in Chemnitz. Zu Beginn der 1930er Jahre war dieser Ort mit seinem modernen Menschenbild und dem breiten, erschwinglichen Sortiment ein Anziehungspunkt im Herzen der Stadt. Die Installation Eskalator knüpft an die damals hochmoderne Abteilung "Sprechapparate und Platten" an, in der frisch gepresste Orchesterwerke und neueste Schlager erschallten und sich mit der Geräuschkulisse der Etage verflochten.

Die Klänge jener Jahre sind heute verloren. Die Installation des Duos studio fatal nähert sich ihnen deshalb mit bewährten archäologischen Verfahren: Bei dem fragilen Apparat Eskalator tastet sich die Nadel eines Plattenspielers in der Zeit zurück und spürt unverstärkt Tonspuren nach, die so niemals aufgezeichnet wurden. Die sieben Kompositionen sind eine akustische Annäherung an die Blütezeit des Schocken vor der Enteignung durch die Nationalsozialisten und eine tiefe Verbeugung vor dem Pioniergeist der jüdischen Unternehmer Salman und Simon Schocken.

Teil 3

Eva: Wir sind Eva Olivin ...
Florian: … und Florian Berger.
Eva: Ich habe Freie Kunst an der Bauhaus-Universität in Weimar studiert. Ich verbohre mich gern tief in ortsbezogene Rauminstallationen und drehe kleine Dokumentarfilme.
Florian: Ich habe Medientechnik an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig studiert. Ich erforsche digitale Spiele und frickel‘ im Tonstudio rum.
Eva: Unter dem Namen studio fatal komponieren wir seit 2016 Musik für Filme im Kopf.
Florian: Vom handgekurbelten Leierkastenstück aus folgen wir den Spuren eines Dampfmaschinen-Orchesters hinein in ein Streichquartett auf dem Balkan …
Eva: … querfeldein durch hundert Jahre Musiktradition in Europa …
Florian: … und manchmal darüber hinaus.